Beweise sind der schwerste Teil der Mathematik. Natürlich gibt es Beweise, die aus einem einfachen Nachrechnen entlang eines klar vorgegebenen Wegs bestehen. Beispiele dafür finden sich in Aufgaben der Mengenlehre des ersten Semesters, wo die Logik der Definition den Beweisweg fast eindeutig vorgibt. Dennoch muss man auch das lernen.
Aber sobald es etwas heikler wird, erfordert das Finden eines Beweises Hartnäckigkeit. Tatsächlich verschleiert die Aufgabenstellung „Beweisen Sie …“ oft, dass das Resultat durch gute Beobachtung eines Zusammenhangs gefunden wurde, wobei der Rückschluss vom Ergebnis auf die Beobachtung fast unmöglich ist. Hierfür gebe ich ein simples Beispiel, ebenfalls aus dem ersten Semester.
Satz: In einem Körper hat eine Zahl höchstens zwei Quadratwurzeln.
Tatsächlich gibt es dafür, je nach Kenntnisstand, mehrere Beweise. Man kann zum Beispiel Tatsachen der Algebra über die eindeutige Faktorzerlegung von Polynomen heranziehen. Gemeint ist hier aber ein Beweis, der sich kurz nach der Definition eines Körpers finden lässt.
Wir beginnen nach „Schema F“ mit einem Widerspruchsbeweis. Angenommen
\(x = a^2 = b^2 = c^2\)
mit paarweise verschiedenen a, b, c. An dieser Stelle braucht es sehr viel Hartnäckigkeit und einen begabten Kopf, um weiter zu kommen. Ich behaupte, dass nur die allerwenigsten Studenten (einer in 1000) eine Chance haben. Und selbst dann ist nicht ganz klar, ob sie nicht vielleicht diese Idee schon einmal gesehen haben:
\(a^2=b^2 \Longleftrightarrow (a-b)(a+b)=0.\)
Da a-b nicht 0 ist, muss a=-b sein. Analog c=-b, also a=c und damit ein Widerspruch.
Kann man darauf wirklich alleine kommen? Schon, aber es benötigt sehr viel Zeit, und vermutlich einen kleinen Schubser in die richtige Richtung.