Ehegattensplitting und Mathematik

Wenn man so die Werbung der Parteien durchschaut, weiß man manchmal nicht, ob Fehler auf Unwissen oder Propaganda beruhen, oder ob sie einfach unpopuläre Botschaften verschleiern sollen. Ein Beispiel ist etwa die Behauptung, dass Ehepaare mit gleichem Verdienst beider Partner beim Ehegattensplitting „leer ausgehen“ auf dieser Seite der Grünen. So sollte man das wirklich nicht ausdrücken!

Tatsächlich beruht das Splitting darauf, dass in einer Ehe das Einkommen gleichmäßig auf beide Partner verteilt wird, und folglich der Steuersatz gemäß dem halben Einkommen berechnet wird. Er wird dann natürlich auf beide Hälften, also de facto auf das gesamte Einkommen angewendet. Gewöhnlich fahren damit Ehen, in denen nur ein Partner verdient, günstiger. Dies entspricht der Verpflichtung der Ehepartner zur gegenseitigen Versorgung, also zum Teilen des Einkommens, wie sie sie bei der Eheschließung eingehen. Würde man das Ehegattensplitting abschaffen, so würde man so tun, als wäre jeder Ehepartner für sich allein verantwortlich. Da das nicht so ist, läuft die Initiative der Grünen darauf hinaus, die Berufstätigkeit nur eines Ehepartners steuerlich zu bestrafen, und zwar zugunsten von Programmen zur besseren Betreuung von Kindern. Dies steht auch weiter unten ausdrücklich so formuliert.

Die Mathematik des Ehegattensplittings ist interessant. Der Gewinn beruht nämlich auf der Konvexität der Steuerfunktion S(x), die die zu zahlende Steuer bei einem zu versteuernden Einkommen von x beschreibt. In der Tat gilt

\(2 \, S\left(\dfrac{x_1+x_2}{2}\right) \le S(x_1)+S(x_2)\)

für jede konvexe Funktion. Die Steuerfunktion ist konvex, weil ihre Ableitung, also der Grenzsteuersatz S'(x) monoton wächst. Daher fährt man mit dem Splitting bei gleichem Familieneinkommen immer besser.

Steuer

Die Größen Steuer, Steuersatz und Grenzsteuersatz werden ja oft verwechselt. Tatsächlich wirkt sich das Ehegattensplitting bei einem allein verdienenden Ehepartner auf den Grenzsteuersatz auch positiv aus. Allerdings kann der andere Partner bis zum Freibetrag dazu verdienen, ohne dass sich die Steuer erhöht. Das ist mit dem Ehegattensplitting nicht der Fall. Die folgende Kurve betrifft einen allein verdienenden Ehepartner.

Grenzsteuersatz

Was den Steuersatz S(x)/x angeht, so ist es völlig unsinnig, den durchschnittlichen Steuersatz der Ehepartner zu berechnen. Der würde in der Tat höher sein als das der Steuersatz mit Splitting, weil der Steuersatz jenseits der Freigrenze konkav ist. Aber dieser Durchschnitt ist eine vollkommen irrelevante Größe.

Die folgenden Kurven für den Steuersatz betreffen wieder einen allein verdienenden Ehepartner mit und ohne Splitting. Sie zeigen außerdem die beachtliche Diskrepanz zwischen dem Grenzsteuersatz und dem Steuersatz. man vergleiche dazu mit dem obigen Graphen.

Steuersatz

Alternativen zum Splitting wären Freibeträge für nicht verdienende Ehegatten und für alle zu versorgenden Personen, also auch die Kinder. Man rechnet nach, dass damit kleine Einkommen besser fahren. Die Frage ist jedoch, wie sich der Freibetrag reduziert, wenn der Ehepartner selbst verdient.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.