Aus aktuellem Anlass wiederhole ich hier nochmal meine Argumente gegen die Homöopathie in der medizinischen Praxis. Sie sind aus der Sicht eines wissenschaftlich orientierten Menschen geschrieben, der eben auch Patient ist.
Die Angst vor der Schulmedizin
Schon heute ist, geschürt durch Pressemitteilungen, die Angst vor der „Schulmedizin“ bei Patienten latent oder auch ausgeprägt vorhanden. Impfungen, Antibiotika, Operationen, Krebstherapien, alles kommt ins Gerede und wird zuerst einmal angezweifelt. Kritische Einstellung ist gut, aber man muss dabei auch noch in der Lage sein, rational zu handeln. Der Arzt, der sich „alternative Medizin“ auf die Fahnen schreibt, befördert diese Einstellungen und Ängste. Im Fall, dass nun wirklich auch aus seiner Sicht eine schulmäßige Behandlung notwendig ist, sieht er sich mit einem „Displacebo-Effekt“ konfrontiert, der die Heilung durchaus behindern kann. Therapeutisch sinnvolle, und für eine Lebensqualität in kritischen Lagen sinnvolle Schmerztherapien werden zum Beispiel dann innerlich abgelehnt.
Verdrängung
Die Konzentration auf alternative Methoden führt dazu, dass die wirklichen Ursachen verdrängt werden. Das geht schon bei den Schnäpsen nach dem fetten Essen los, geht über Globuli gegen Reisekrankheit weiter, und endet bei Akupunktur gegen Rückenbeschwerden. Statt einer Rezeptblockpraxis, egal ob alternativ oder pharmazeutisch, sollte ein Arzt Berater und Sachverständiger werden, und zwar für Dinge wie Hygiene (zum Beispiel Intimhygiene), Physiotherapie, Stress, Ernährung. Die Konzentration in der Praxis auf die Aufklärung über solche Dinge scheint mir erfolgversprechender als die Verabreichung von Placebos. Dazu braucht man aber Zeit und vor allem einen rational funktionierenden Sachverstand.
Die Macht des Geistes über den Körper
Den Ärzten gefällt es natürlich, wenn sie allein durch Handauflegen heilen können, und ihnen die Patienten an den Lippen hängen. Begierig nehmen die Menschen alle Berichte in Journalen und in Fernsehen über „altes Wissen“ auf, mit dem jede Krankheit geheilt werden kann, das aber die Schulmedizin und die Pharmaindustrie nicht zulassen will. Was dabei auf der Strecke bleibt, ist die Akzeptanz gegenüber Krankheit als Gegenpol zur Gesundheit, Tod als Gegenpol zum Leben. Der Patient glaubt gerne, dass mit den alternativen Mitteln alles beherrschbar wird. Damit übersieht er die durchaus vorhandenen rationalen Mittel, die seine Krankheit lindern könnten. Und er tendiert dazu, nicht bereit zu sein, die Krankheit ausheilen zu lassen. In jedem Fall wird er blind für die wirklichen Vorgänge während einer Krankheit.
Esoterik statt Medizin
Das größte und schlimmste Problem beginnt aber, wenn der Arzt selber beginnt, die alternativen Methoden über sein professionelles Wissen zu stellen. Das ist dann der Fall, wenn er mehr Mitteilungsblätter der alternativen Szene liest als medizinische Fachjournale. Verstärkt sich das, so ist er wirklich in Gefahr, ernste Fehler zu begehen. Bei manchen Krankheiten ist ein „versuchen wir erst mal“ nicht die richtige Herangehensweise. Irrationalität macht eben vor allem eines – nämlich irrational.