Derzeit werden in Bayern die Studiengebühren diskutiert. Der Druck der anderen Bundesländer, die keine Studiengebühren mehr erheben, und die Kritik an den unsozialen Auswirkungen dieser Last, sowie die bevorstehenden Wahlen werden wohl in Bayern dazu führen, dass der „Studienbeitrag“ schon im nächsten Jahr, noch vor dem Wahltermin abgeschafft wird. Wer möchte jetzt noch dagegen wetten? Die Argumenten der Gegner und die durchgeführten Untersuchungen sprechen eine zu deutliche Sprache. Die Gebühr vertieft die Gräben zwischen den sozialen Schichten und übrigens auch zwischen den Geschlechtern. Sie verzerrt die Bildungschancen.
Dazu kommt, dass die Gebühr schon immer eine Schnapsidee war. Sie sollte ausschließlich zur Finanzierung der „Verbesserung der Studienqualität“ dienen, also für zusätzliche Angebote, die ohne die Gebühr nicht möglich wären. Zumindest wurde sie so dem Wähler verkauft. In der Praxis ist das eine nicht realistische Zielsetzung, die sich überdies der Nachprüfung entzieht. Gab es früher studentische Mittel für Tutorien oder Bibiliotheksaufsichten, so zahlt man so etwas nun mit Studiengebühren. Dauerstellen durften zunächst nicht eingerichtet werden, nun dürfen sie es, und nennen sich „Fakultätsmanager“ oder „Bologna-Beauftragter“. Die üppigen Mittel, die die Verwaltung bei der Umsetzung des Bolognaprozess benötigt, werden nämlich gerne aus Studienmitteln finanziert, dienen sie doch der Unterstützung der Studenten im Paragraphenwald.
Zu Recht gab es daher zahlreiche Vorgaben, was mit dem Geld gemacht werden darf, und was nicht. Das wiederum führte dazu, dass die Mittel nicht ausgeschöpft werden konnten. Zu Beginn wurde das sogar gefördert, weil keine Rechtssicherheit bestand, ob die Studiengebühren nicht dem Verfassungsgebot der freien Bildung zuwiderlaufen und von Gerichten gekippt werden. Die Universitäten suchten eine ganze Weile nach geeigneten Projekten, mit denen man die Mittel loswerden könnte. Inzwischen schafft man ohne Hemmungen Stellen aus diesen Mitteln, die man vorher hätte selbst finanzieren müssen.
Das ist auch der Grund, warum sich nun die Präsidenten der Universitäten gegen eine Abschaffung der Gebühr aussprechen. Man operiert dabei natürlich gerne mit absoluten Zahlen. Nach der Presse werden den Unis 190 Millionen Euro fehlen, wenn die Gebühr abgeschafft werden.
Damit sind wir beim Thema dieses Mathematikblogs, dem Umgang mit Zahlen. Tatsächlich liegt der Anteil der Studienbeiträge an den Etats der Unis nämlich nur bei ungefähr 3%. Die TU München allein hat nach meinen Zahlen einen Etat von 650 Millionen. Sie hat etwas mehr als 30 Tausend Studenten, von denen höchstens 2/3 Gebühren bezahlen dürften, eher die Hälfte (es gibt zahlreiche Befreiungsgründe, zum Beispiel die Existenz von studierenden Geschwistern). Sagen wir, sie nimmt 20 Millionen als Studiengebühren ein. Dann sind das etwa 3%. Selbst in den USA ist der Anteil der Studiengebühren im Mittel nur 20%, und die Gebühren sind dort erheblich teurer. Übrigens ist nach den Zahlen, die mir vorliegen, auch der Anteil an privaten Spenden nur 7%. Auch dort finanziert der Staat also den weitaus größten Teil.
Ich wünschte mir, die Präsidenten hätten das Rückgrat, die Politik aufzufordern, endlich einen Anteil des Bruttosozialprodukts für Bildung auszugeben, der internationalen Vergleichen stand hält. Da wären dann die 3% das Mindeste, was man fordern müsste. Realistischer wären 10% oder mehr.